H.E. Erwin Walther

"Ich wurde im Jahr 1920 in Amberg als Sohn eines Volksschullehrers geboren. Klavier spielte ich mit 4, Violine mit 8, Viola mit 13, Waldhorn mit 16 Jahren und war weder ein Wunderkind noch sonst anomal. Meine Jugend war schön, Sonne, Wasser, Luft, Wald, Wiesen und harte Spiele, Freiheit und Ungebundenheit, all das bestimmte mein weiteres Leben.
Abitur an der Amberger Oberrealschule, Arbeitsdienst.
Musikalische und musikhistorische, philosophische, psychologische und medizinische Studien in Würzburg vermittelten mir ein Allgemeinverständnis. Krieg, schwere Verletzung und alles, was danach kam an Not und Verzweiflung, der Schwenk des eigenen Daseins um 180 Grad und das „trotzdem-von-vorne-anfangen“, machte mich zu dem, was ich heute bin. Die systematische Konfrontierung mit der gesamten Moderne, auch der naturwissenschaftlichen, fand von 1946 an statt. Denn nur durch eine ganz klare Konzeption des eigenen Standpunkts gibt es eine künstlerische Orientierung, eine Basis für das eigene.
In der heutigen Zeit künstlerisch zu arbeiten, ist hart. Man muss sich immer wieder erst durch den Wust von neuen -ismen und Schlagworten durchfressen, um Kopf und Arme freizubekommen. Man muss sich ständig von dem Allgemein-Sumpf befreien, und das ist das Schwerste.“

H.E. Erwin Walther (ca. 1980)
Komponist, Dirigent,
Avantgardist, Musikpädagoge

 

 

Vita

Der Vater, Ernst Walther, ein Schüler Joseph Rheinbergers, ausgezeichneter Pianist, jahrzehntelang Organist an der evangelischen Pfarrkirche und langjähriger Chorleiter des Sängerbundes 1860 Amberg, unterrichtete seinen Sohn von seiner frühen Jugend an am Klavier, in Harmonielehre, Musikgeschichte und Kompositionslehre. Erwin spielte Klavier mit vier, Violine mit acht, Viola mit dreizehn und Waldhorn mit sechzehn Jahren. Er war 14, als der Rundfunk Lieder von ihm uraufführte.

Nach dem Abitur im April 1938 am heutigen Gregor-Mendel-Gymnasium wechselte er an das damalige Bayerische Staatskonservatorium Würzburg. Prof. Hermann Zilcher nahm ihn sofort in die Meisterklasse für Dirigieren, Klavier und Komposition auf. Gleichzeitig studierte Walther Musikwissenschaft bei Prof. Oskar Kaul, Kontrapunkt bei Prof. Hans Schindler und im Nebenfach Viola bei Prof. Karl Bender sowie parallel und ergänzend dazu als Gasthörer Philosophie, Germanistik und Medizin. Prof. Zilcher überwies ihn schließlich ans Richard-Strauss-Konservatorium nach München. Bevor er aber dort einen Studienplatz bekam, musste er im Oktober 1940 in den Krieg einrücken. Im Sommer 1941 erlitt er in Russland eine schwere Verletzung, aufgrund derer er 1943 aus der Wehrmacht entlassen und ersatzweise im Wege der zwangsweisen Dienstverpflichtung für verwundete Akademiker zur Studentenführung Bayreuth geschickt wurde.

Neben seinem Studium und seinen Anfängen als Komponist betätigte sich H. E. Erwin Walther als praktisch-ausübender Musiker. Schon während seiner Studienzeit gehörte er als Bratscher u.a. dem Schiering-Quartett und dem Sturm-Quartett in Würzburg an. Die Presse nannte ihn 1949 einen „Pianisten von Rang“. Als solcher gab er in den Jahren 1949-1951 Studiokonzerte, in denen er besonders die Kunst der Improvisation pflegte, die zu jener Zeit weitgehend abhandengekommen war. Im Sommer 1952 hatte Gerd Winkler die Studiobühne Amberg gegründet. Als Hauskomponist schrieb und spielte Erwin Walther seit der ersten Stunde eine Vielzahl von Bühnenmusiken zu den Inszenierungen dieses Theaters. Gerd Winkler wechselte später zum Fernsehen, wo die Vorbereitungen für den Start des zweiten Programms liefen, und wann immer er für eine Produktion Musik brauchte, holte er Erwin Walther. Erst mit dem Tod Gerd Winklers im August 1978 fand diese Zusammenarbeit ihr Ende, und Erwin Walther geriet in eine tiefe Krise seines kompositorischen Daseins.

Seit 1967 gab Walther nebenamtlich, seit 1971 hauptamtlich, Instrumental- und Klassenunterricht am Gregor-Mendel-Gymnasium, Amberg. Es war nur konsequent, wenn seit dieser Zeit eine Vielzahl von Kompositionen zum Gebrauch an der Schule entstand. 1985 trat er in den Ruhestand.

Text nach: Thomas Emmerig: H.E. Erwin Walther: „Ein Musikant vor Gottes Gnaden“, in: Bieler, Emmerig, Kraus, Simon: Komponisten in Bayern, Band 36: H.E. Erwin Walther, Tutzing 1998

1920 in Amberg/Opf. geboren
1924 erster Klavierunterricht bei Vater Ernst Walther
1928 Violinunterricht zu Hause, es folgen Unterricht in Viola, Violincello und Waldhorn
1938 Abitur an der Oberrealschule (heute Gregor-Mendel-Gymnasium) in Amberg
1938 Aufnahme an das Konservatorium in Würzburg in die Meisterklasse von Prof. Hermann Zilcher (eigene Violinsonate zur Aufnahmeprüfung)
1941 Examen: Uraufführung eines eigenen Klavierkonzerts
1941 Einzug zur Wehrmacht, zunächst nach Bad Kissingen: Leitung des dortigen Musikkorps; später erste Verwundung
1942 Russlandeinsatz; schwerer Durchschuss des rechten Schultergelenkes
1944 Heirat von Maud Schunk
1945 – 47 Kriegsgefangenschaft
1945 Geburt des Sohnes Gerd
ab 1948 regelmäßige Aufführungen im Bayerischen Rundfunk, München und Nürnberg
1950 Gründung eines Klavierstudios für privaten Unterricht
Ab 1950 zahlreiche Bühnen- und Filmmusiken
1958 Uraufführung des Chorwerks „Liebnarren-Kantate“ im Bayerischen Rundfunk
1960 Verleihung des Nordgau-Kulturpreises der Stadt Amberg
1961 Auszeichnung mit dem Kulturpreis Ostbayern; Geburt der Tochter Michaela
1962 – 78 entstehen 44 Fernseh- und Spielfilme unter der Regie des Freundes Gerd Winkler, für die Walther die Filmmusiken schreibt und dirigiert; nach Winklers Tod 1978 tiefe Schaffenskrise
1966 – 90 es entstehen etwa 300 sogenannte Audiogramme. Diese „optische Musik“ entwickelt sich zu einem wichtigen Arbeitsgebiet
1967 – 85 Musikpädagoge am Gregor-Mendel-Gymnasium, Amberg, für dessen Schulorchester und -chor er mehrere Bühnen- und Festmusiken schreibt
1975 Entwicklung eines kybernetischen, klingenden Brunnens für den Innenhof der Schule
1989 Verleihung des Kulturpreises 1989 der Stadt Amberg
1.1.1995 stirbt H.E. Erwin Walther nach schwerer Krankheit
1995 würdigt die Stadt Amberg den Komponisten mit einem Gedenkkonzert
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