H.E. Erwin Walther

H.E. Erwin Walther konnte mit Texten umgehen. Er hatte ein untrügliches Gespür dafür, wann und wo Musik passte und wann und wo sie nicht dazugehörte. Er wollte die literarische Vorlage, das Spiel nicht mit Musik zudecken und unsinnig verändern.
Seine intensive Auseinandersetzung mit Texten ließ oft nur ein Illustrieren, eine Begleitung zu, wenn es stilistisch nötig war. Sonst aber schrieb er stets eine demonstrierende Musik, die ihre Eigenständigkeit bewahrte. Walthers Geschmack und sein historisches und literarisches Bewusstsein waren subtil ausgebildet, so dass er fast durchwegs den richtigen Ton fand, jedoch die Komposition nie hybrid über den Text hinausschob.
Die erstaunlichste Eigenschaft Erwin Walthers war seine Gabe der Improvisation, die er vorwiegend auf dem Klavier vorführte. Mehr als einmal saß er während einer Bühnenaufführung am Instrument und erarbeitete sich die entsprechenden Vor-, Zwischen- und Nachspiele frei oder gestaltete spontan bereits Komponiertes neu. Bei alledem blieben die Zeitabläufe streng im Bereich der Absprache zwischen ihm und dem Regisseur.

Erwin Walther schrieb für Kabarett-Sendungen eine Reihe von Songs, die teils auf die zwanziger Jahre zurückgreifen, teils Neuland anvisieren.
Seine Musik geht häufig über den Text hinaus, spitzt die Themen zu. Sein Witz ist härter, zupackender, luzider. Die musikalische Skala reicht vom flott dahingetupften Marschschritt bis zum elegisch-ironischen Melos.

Walthers Arbeit für das Fernsehen, die ihn zwanzig Jahre intensiv beschäftigte, zeigt seine Kenntnis der historisch gewachsenen und in der Gegenwart neu aufkommenden musikalischen Formen und Ausdrücke. Es braucht Anpassung an das Medium, das Zeigen und Unterhalten will und dennoch die Eigenständigkeit bewahren. Walther ging diesen Kompromiss ein, ohne sich zu verlieren. Er hatte bei vielen Produktionen das Glück, dass sie sich dem Experiment stellten.

Text nach: Werner Simon: H.E. Erwin Walthers Musik für Bühne, Hörfunk und Fernsehen, in: Bieler, Emmerig, Kraus, Simon: Komponisten in Bayern, Band 36, Tutzing 1998

Hörbeispiele / Filmausschnitte

Aus: Bühnenmusik zu Ein Glas Wasser (Eugène Scribe) (1959)

Aus: Musik zum Film Zukunft nach Maß  (1969)

Aus: Mike Blaubart (Hessischer Rundfunk 1967, Regie: Gerd Winkler)

Aus: Die grüne Nacht von Ziegenberg (Hessischer Rundfunk 1968, Regie: Gerd Winkler)

Aus: Wasser und Luft (Hessischer Rundfunk 1965, Regie: Gerd Winkler)

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